Blödes Blogbuch,
ich möchte einfach etwas schreiben, ohne darüber nachzudenken… Und schon habe ich mich dabei erwischt darüber nachzudenken, was mich zu weiteren Gedanken führt, obwohl ich mir fest vorgenommen habe einfach nur zu schreiben, ohne darüber nachzudenken. Jetzt wiederhole ich mich, denke darüber nach und sehe die Sinnlosigkeit des Unterfangens. Nun ist mein Kopf mit Gedanken gefüllt und eigentlich wollte ich das genaue Gegenteil erreichen. Denke das habe ich vermasselt. Mein Gewissen bereitet mir nämlich Probleme.
Scheitern ist das neue Schaffen und darum kann ich durchaus zufrieden sein mit meinem vermasselten Versuch. Ich muss ihn nur positiv verkaufen. Und mein Gewissen, dass muss ich auch verkaufen, an die am höchsten bietende Quarkfresse.
Positive Äußerungen (mit etwas Nachdruck) reichen in dieser Zeit vollkommen aus und dumme Menschen fangen an zu folgen, glauben an mein Unterfangen, fangen an sich zu radikalisieren. Ein Schaffensprozess der aus dem Scheitern heraus entsteht. Der sich von Falschbehauptungen ernährt. Jetzt muss ich nur noch meine Rhetorik verbessern und ich kann Lügen für Wahrheiten ausgeben. Doch die Welt ist schnellebig und letztlich werfen mich meine Anhänger am Ende auf den Scheiterhaufen. Außenseiter haben einfach kein Recht eine Anhängerschaft hinter sich zu haben, Macht zu erlangen und diese schamlos auszunutzen. Reiner Gewissenskonflikt, wobei das Gewissen den Konflikt für sich entscheidet. Ohne Waffengewalt. Mit fragwürdiger Rhetorik.
Ich fühle mich schuldig, Heiko wegen. Auch das ich soviel scheiße schreibe ist voll von Schuld und Tadel, wenn sich dass nur nicht so befreiend anfühlen würde. Dabei halte ich es wie die Mächtigen dieser Welt: Die Einsicht kommt (wenn überhaupt) erst hinterher, aber nur im manipulativ- rhetorischen Kontext.
Die Einsicht ist irgendwie vorhanden, jedoch muss ich betonen und dass mit jedem einzeln gewichsten Haar meiner Tolle, welches probiert auszubrechen, meinem authentischen Hohlkopf zu entfliehen:
Reiner Außenseiter ist für eine Vielzahl von positiven Gedankenmauern verantwortlich, auch trägt er dazu bei, dass der Sarkasmus auf diesem Planeten in alle Bildungsschichten transportiert wird. Mit seinem Verblendungsexpress und das mit Nachdruck und fiesen Außenseiter-FAKE-tricks, die nicht verraten werden, um keinen Preis der Welt. Das ist sein Steuergeheimnis und sollte er abgewählt werden, was nie passieren wird, so bleibt er dennoch! Fickt euch einfach ins Knie, denn ihr seid alle F A K E! Make again, Great. HATE…
Heiko hatte nicht Unrecht mit seinen Ansichten und meine ironische Berichterstattung darüber hat vielleicht dazu Beigetragen, dass dies falsch Verstanden wurde und damit einhergehend könnte ich mich sogar Missverstanden haben, was mich zu tiefst erschüttert. Dies würde Bedeuten, dass ich mich nicht ernst nehme, oder eben zu ernst interpretiere. Daraus folgen vermutlich verheerende Folgen, die nicht abzusehen sind.
Heul nicht rum, du Spast! Kraul mir lieber den Rücken und spiel hier nicht den Donald!
Miss Gabbat meint damit, ich nehme das Schreiben viel zu ernst und solle mich viel mehr um sie kümmern. Und bloss nicht zu Heiko oder Donald mutieren, oder Mutter strangulieren. Obwohl, mit Letzterem würde sie sich arrangieren.
Im Discounter, dem mit vier Buchstaben und zwei Konsonanten in der Mitte. Der mit A wie Arsch anfängt und mit I wie Idiot aufhört, dort finde ich mich wieder, neben der Rivercola im Präteritum:
Es ist Morgens gegen acht. Wie komm ich hier her, was habe ich getan? Ich schaue tief in mein Smartphone hinein und erblicke mich, das Außenseiterschwein: Völlig heruntergekommen, zerzaust und ungewaschen.
Eine schwarze Maske mit FCKthePolizeigewalt bedeckt Mund und Nase, zum Schutze vor allen Polöchern und Corona, der fiesen Missgeburt.
Für Heiko, kommt es mir in den Sinn. Mein Gewissen muss erleichtert werden. Ich hole meine Netze aus den Hosentaschen und fange an die Bioäpfel vom Plastik zu befreien. Wie Spiderman, nur in Öko. Einen Viererpack nach dem Anderen. Ein riesiger Berg aus Papkarton und Plastikscheiß entsteht und ich fülle ein Netz nach dem Anderen mit Äpfeln. Dabei lache ich wie von Sinnen. Ein unheimliches, schräges Lachen, gegen das ich nichts auszurichten vermag. Es kommt direkt aus meiner verrückten, imaginären Seele.
Einige graue Alte kriegen es mit der Angst zu tun. Sie wittern ihr baldiges Ende, dann ist die Party vorbei, dann hat es sich ausschlawenzelt. Panikartig schlurfen sie um die Ecken, krächzen lautstark nach einer zweiten Kasse und bezahlen in Bar, dabei lassen sie sich vom Kassierer die Centstücke von ihren runzeligen Händen schlabbern. Vorher bringen sie Unruhe in die Schlange, um Gift zu verteilen.
Da stand aber das die Mettwurst heute im Angebot ist. Das Preisschild da, das war hier. Ich habs genau gesehen.
Irre, wie ich bin, rolle ich mich auf dem Boden bis hin zu den Kühlregalen. Dort habe ich es auf den Biolachs abgesehen. Die Netze lasse ich liegen, vielleicht verfängt sich noch das ein oder andere Obst darin.
Schwimme fort, mein lachsiger Freund, laiche wo du noch laichen kannst, du leckere Fischleiche! Hier, in dieser Region is‘ schwierig. Kannst did ja ma‘ im Teltowkanal probiern, Junge!
Gerade möchte ich meinem stinkenenden Freund das Plastik abziehen, da steht plötzlich eine Gesetzeshüterin direkt vor mir. Sie schaut mir eindringlich in mein schuldhaftes, mit einer verunglimpfenden Maske bedecktes, Gesicht.
Meine Gedanken: Gleich werde ich anfangen zu heulen, mein Leid klagen, alles gestehen, um im nächsten Moment die bescheidenen Verhältnisse dieser Gesellschaft/ dieses Planeten, zu verurteilen. Anklagen werde ich, beinahe die gesamte Bevölkerung dieses Planeten [mich eingeschlossen].
Ein Gesetzeshüter steht nun direkt hinter mir. Ich drehe mich erschrocken um, bin von beiden eingeschlossen und schaue ihm in seine Wachtmeistervisage. Er ist mindestens 10 Jahre jünger und einen Kopf größer als ich. Sein Gesichtsausdruck ist nichtssagend und doch kommt etwas aus seinem Mund an mir vorbei, hin zur Hüterin:
Da is nur Quark ohne Kräuter…
Stille, man merkt dass es in beiden arbeitet. Schließlich gehen sie freudig erregt in Richtung der Kassen und ich habe das skurrile Gefühl gerade als Außenstehender einer Klassenfahrt beizuwohnen, denn noch drei andere Hüter des Gesetzes laufen fröhlich winkend, stubsend und kichernd hin zum Süßigkeitenregal. Jetzt müsste die Bande nur noch heimlich was einstecken und dabei glucksen vor Freude. Dann könnte ich die wenigstens melden. Kinder, Kinder, das sind Zeiten in denen wir leben.
Ich stehe einige Zeit lang „verdattert“ bei den kühlen Kühlregalen, beobachte meine Umgebung und fühle mich alleingelassen. Nicht ernst genommen, peinlich berührt von den Uniformierten.
Ja, ich bin schuldig. Ich habe das Plastik entfernt, habe das Obst befreit, bin mit Netzen bewaffnet hierher gekommen, den toten Lachs wollte ich makaberer Weise zum laichen bringen, um ein Statement zu setzen, Stellung zu beziehen. So kann es nicht weitergehen, die Welt geht kaputt, kaum jemand tut etwas dagegen, es geht nur um Profit. Freie Marktwirtschaft, Kapitalismus, Lobbyismus, Politik… Was verdammt nochmal können wir gegen diese Ignoranz, diese Gier nur tun???
„Da is nur Quark ohne Kräuter…“
Da- is- nur- Quark- ohne- Kräuter- in- deine- nichtssagende- Milcherzeugnisfresse- du- Blödhammel!
Bilde doch mal bitte einen vernünftigen Satz, oder spüre meine kriminelle Energie, um mich Dingfest zu machen, du Fachidiot!
Ich nehme mir aus dem Kühlregal einen Quark mit Kräutern, der direkt neben dem Quark ohne Kräutern liegt und renne hinter den beiden Turteltäubchen her. Dabei befreie ich den Quark mit Kräutern vom Plastik- „BESCHÜTZER“.
Ihre berufliche Aufgabe ist es doch die Anderen und mich (sprich: meine imaginäre Willigkeit) allzeitbereit vor Hatern, Hackern und Psychopathen zu beschützen, statt peinliche Pausen beim Discounter zu zelebrieren. Das ist viel zu menschlich für diese uniformierten Maschinen, die sie doch zu sein haben.
Als die Quarkfresse sich erschrocken zu mir umdreht, schmettere ich ihm mit voller Wucht den Quark mit Kräutern ins Gesicht und schreie dabei:
Für Heiko, du beschissener Quarkbullenarsch!!!
Alles dunkel, zum Glück nur ein Traum. Polizisten zu beleidigen ist kein Kavalliersdelikt! Ich hätte mich nicht so provozieren lassen dürfen, von dem Quarkkopf, der im Grunde nur Pause gemacht hat. Zum Glück ist die Polizei ansonsten kompetent.
Ich öffne die Augen, bin am Boden, die Gesetzeshüterin und ihre Kollegen aus der Süßigkeitenabteilung sitzten auf mir und legen mir Handschellen an. Luft bekomme ich kaum, habe mir aber welche gemacht. Der Kollege, mit dem Quark im Gesicht, schaut sehr irritiert drein und sagt mehr oder weniger an sich selbst gerichtet:
Da is Quark mit Kräuter!
Dabei zeigt er auf seine besudelte Quarkbullenfresse und nährt damit mein schlechtes Gewissen.