#8 Freunde

Blödes Blogbuch,

dort drüben liege ich im Bett und starre an die Decke. Lecke dabei eine Leckmuschel und kuschel‘ mich in die Kuscheldecke.

Einiges fleucht und windet sich langsam durch mein Hirn, bahnt sich einen Weg in die Schaltzentrale. Leicht begreifen werde ich es nicht. Ich begriff es nie. Werde es auch schnell wieder vergessen haben. Aber kurzzeitig wird mir klar:

Ihr lieben, alten Freunde da draußen, feiern wir ein Fest, ein Manifest: Dies ist ein Liebesbrief.

Die Kuscheldecke habe ich mir übrigens von Linus zurück stibitzt, diesem Blödarsch. Dabei ist mir leider mein Glückspferdeapfel zerdrückt worden, von Horden von Arschkindern, die auf Stunk aus waren. Aber das sind Peanuts gegenüber meiner beachtlichen Schar an Freunden, mit denen ich zusammen die Arschkinder vertreiben konnte.

Meinen imaginären Freunden. Meinen nicht vorhandenen Freunden. Meinen visionären Freunden. Freunden, die nicht meine Freunde sind, nicht für mich da sind. Mir auch nie mit den Arschkindern geholfen haben.

Ein paar echte Freunde habe ich ja, wenn man sie so bezeichnen mag. Virtuelle Freunde hat Reiner Außenseiter nicht. Freundinnen auch nicht und das hat nichts mit Diskriminierung oder Ähnlichem zu tun. Es  ist einfach Tatsache, keine Frau mag Reiner Außenseiter. Miss Gabbat erträgt ihn zwar, aber wer auf diesem Dokument im HTML- Format als Miss Gabbat beschimpft wird, sollte ernsthaft darüber nachdenken, ob es nicht Sinn macht, dem Ertragen ein Ende zu setzen. 

Die echten Freunde jedenfalls melden sich immer dann, wenn sie Hilfe brauchen oder es ihnen scheinbar schlecht geht, sie Ablenkung benötigen. Alle paar Monate… oder zum Geburtstag (falls der nicht vergessen wird)…

…um einen Bock schießen zu gehen. Null- Bock aber auf das Pflegen der Freundschaft im Allgemeinen.

Klar, jeder schiebt heutzutage seinen eigenen Film, ist total beschäftigt und überhaupt nicht spontan.

Das Alter macht den Menschen kompliziert.

Umständlich stolpern wir durch den wüsten Alltag, getrieben von Gevatter Stress. Im Hinterkopf bereits das Bett.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass Autos während der Fahrt hinter mir verschwinden.

Nach dem Ackern ist vor dem Ackern, da muss man Ruhen und so tun als hätte man was zu tun, um nicht unter zu gehen, in der Badewanne, während des Ausruhens. Das kostet Kraft.

Keine Zeit für alte Freunde und anderes Gesindel, Mann wird auch nicht jünger.

Die Regeneration fängt in meiner Generation bereits nach der Regeneration an.

Im Sinne des Machbaren natürlich, sofern es keinen Konflikt mit unliebsamen Verpflichtungen darstellt.

Miss Gabbat meint, ich würde suggerieren, dass den lieben alten Freunden andere Dinge wichtiger wären als die Freundschaft zu mir und der damit verbundene Kraftakt des Aufrechterhaltens.

So ein Quatsch, ich selbst bin nicht unschuldig, habe keine weiße Weste und auch kein reinliches Gewissen. Was soll auch der Scheiß? Andere Dinge sind einfach wichtiger! Stockbrot zum Bleistift.

Wir sind Ende dreißig, bemitleidenswerte Kreaturen. Warum versteht das niemand? Hochgradig zerbrechlich und zutiefst verletzlich.

Keine junge Frau hat das recht uns zu ignorieren oder gar zu siezen. Das kratzt ungeheuerlich, am (Alter) Ego. Besonders, wenn Mann noch auf der Suche ist, ist es besonders bitter. Wo kämen wir denn da hin?

Ins Land der alten Säcke, wo Mann frühstens sabbernd und siechend mit der Sackkarre hingekarrt werden will, wenn Mann sich nicht mehr dagegen wehren kann.

Da sollte Mann sich kräftig echauffieren, was Mann selten tut, da Mann dieses Wort eher selten nutzt, zum Ausdruck seiner erzürnten Stimmung.

Wieso schreibe ich so einen Mist? Warum komme ich mir dabei so toll vor? Nicht einmal ich verstehe mich… Es ist nicht leicht mit mir, da werden mir alle zustimmen. Auch ich stimme mir zu. Zu verquer, der Typ! Hat sicher kaum Freunde

Lieber guter alter Freund, im Job musst du schon mit Kritik umgehen können, privat sollte dies niemand von dir verlangen dürfen. Mit Samthandschuhen willst du berührt werden (sanft gestreichelt), im eigenen Film, da bist du der Protagonist. Die Anderen sind kontraproduktiv. Das Projekt, der individuelle Lebensstil, das Ego, wehe jemand hat etwas daran zu beanstanden.

Wir sind Ende dreißig, sowas wollen wir nicht hören. Vorallem nicht von einem guten alten Freund, der einen kennt. Besonders nicht von einem guten alten Freund! Darum schätzen und lieben wir uns zwar, haben uns aber im Grunde nichts zu sagen. Nichts tiefgründiges zumindest.

So kann ich das nicht stehen lassen, das ist nur die halbe Wahrheit. In Wahrheit brauchen wir doch alle mehr Zeit mit Freunden und am meisten mit den guten, alten Freunden. Jenen speziellen. Wir brauchen sie!

Die, die einen kennen. Besonders wenn man selbst nicht mehr genau weiss, wer man eigentlich ist, zum Donnerwetter und zur verfickten Scheiße nochmal.

Miss Gabbat behauptet immer, wenn sie diese verschissene Fickmistkacke korrigieren muss (arme Arschmade), sie fände die neueren Texte besser (Eintrag Blogbuch), zumindest als die im Regen, wo ich ihrer Meinung nach, so sehr melancholisch- vulgär schreibe und verkackte Ekelwörter benutze und so.

Dachte mir ich, enttäusche sie mal wieder, habe gerade nichts besseres zu tun. Wird man eigentlich strafrechtlich verfolgt, wenn man seine bessere Hälfte, dazu zwingt, völlig bekloppte Texte aus dem Hirn eines psychisch total krankhaften Wahnsinnskerls zu korrigieren? Völlig zwanglos, versteht sich…

Jedenfalls braucht sogar so ein kleiner verfickter Außenseiter- Mutant, wie ich es einer bin, Freunde!

Und wenn schon Vorsicht geboten ist, mit den angeknacksten Egos und zerbrechlichen Scheinwelten, die Mann mühevoll aufrecht erhält und sich zurecht spinnt, dann sollte Mann mit Bedacht vorgehen. Damit Mann am Ende auch bloss nicht Eins und Eins zusammen zählt und selber merkt was für ein Versager Mann ist. Das will Mann nicht! Vorallem will Mann es nicht wahrhaben, darum die Lügen und Nichtigkeiten an allen Fronten.

Dummschwätzen können wir außerdem recht gut, die Basis für eine gute Konversation unter Freunden. Warum immer so ernst und tiefgründig, lasst uns bloß oberflächlich und stumpf bleiben, dann ist am Ende auch niemand verletzt und der ganze Bullshit pfeifft durch den Gehörgang, in den Kopf und wieder zur anderen Seite hinaus. Ohne bleibene Schäden, oder sonst etwas bleibendes.

Freundschaft ist etwas abgedrehtes, sie ist zwar solide, wenn man bestimmte Regeln einhält, aber es ist ziemlich verzwickt. Verarbeitet man die ganzen oberflächlichen Informationen, das ganze Zurechtgedrehe und die Eitelkeiten und kaschiert das ganze mit Kackwurst, bleibt in der Essenz nur Mist übrig. Oder so ähnlich.

Aber Hey, philosophieren geht eh besser auf Droge, warum also so tun als ob man die Weißheit mit Löffeln gefressen hätte, wenn es am Ende nur ein Müsli mit getrockneten Feigen war? Sonderbar…!?